Dienstag, 24. November 2009

Das Textilkennzeichnungsgesetz, Teil 1: was muss und was nicht....German Law On Labelling Textile Fibre Content, Part 1: must's and must not's



Dieses Tutorial soll ein praxisnaher Ratgeber für Kleingewerbetreibende, TextilkünstlerInnen und Modedesigner sein, die Textilien und Bekleidung herstellen. Es darf nicht als Rechtsratgeber verstanden werden. Die Verfasserin ist schließlich Textilingenieurin und nicht Juristin.

Das Textilkennzeichnungsgesetz deckt nicht die ganze Vielfalt der Textilien und Bekleidungen ab und enthält Formulierungen und Passagen, die man interpretieren kann. Dieses Tutorial zeigt welche Spielräume das Gesetz bietet. Die entsprechenden Paragraphen sind in Klammern gesetzt. So könnte Ihr den Bezug im Originaltext leichter finden. Falls Ihr mal argumentieren müsst...


Warum ist es sinnvoll Textilien mit einer Rohstoffangabe zu deklarieren?

Man muss verstehen, dass das TkzG dem Verbraucherschutz dient. Allergiker brauchen eindeutige und korrekte Produktinformationen. Konsumenten haben ein Recht darauf Produkte nach Preis und Leistung vergleichen zu können. Es geht dabei um die Regeln des lauteren Wettbewerbs.


Was sind denn eigentlich Textilerzeugnisse, Textile Rohstoffe und Rohstoffgehaltsangaben?

Textilerzeugnisse dürfen gewerbsmäßig nur

  1. in den Verkehr gebracht oder zur Abgabe an letzte Verbraucher feil gehalten,

  2. eingeführt oder sonst in den Geltungsbereich dieses Gesetztes verbracht

werden, wenn sie mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der verwendeten textilen Rohstoffe (Rohstoffgehaltsangabe) versehen sind.

(§1)

  • Textilerzeugnisse sind:

Produkte, die zu mindestens 80% ihres Gewichtes aus textilen Rohstoffen bestehen.

BEISPIELE:

Alle Kleidungsstücke wie bspw. Mäntel, Jacken, Blousons, Westen, Hemden, Blusen, Shirts, Hoodies, Tops, Babystrampler, -bodies, Kleider, Hosen, Shorts, Socken, Strümpfe, Strumpfhosen, Leggings, Unterwäsche, Nachtwäsche, Schals, Armstulpen, Foulards, Krawatten,Fliegen,Halstücher, Handschuhe, Mützen, Kappen, Hüte etc. sind Textilerzeugnisse.

Heimtextilien wie Kissen, -bezüge, Decken, Vorhänge, Tischdecken u.ä. sind Textilerzeugnisse.

Bezugsstoffe auf Möbeln und Schirmen sind textile Erzeugnisse, Futterstoffe von Schuhen und Handschuhen sind Textilerzeugnisse.

Ein metallischer Schnullerclip mit einem gewebten Band ist kein textiles Erzeugnis

TIPP: Im Zweifelsfall also das Gesamtprodukt und die textilen Einzelkomponenten wiegen und ausrechnen. Macht der Anteil weniger als 80% aus, handelt es sich nicht um ein Textilerzeugnis und muss nicht gekennzeichnet werden.

  • Textile Rohstoffe sind:

Fasern und Haare, die sich verspinnen oder anders zu Flächengebilden verarbeiten lassen und Bänder von höchstens 5 mm Breite.

BEISPIELE: Stick-, Strick- und Webgarne sind textile Rohstoffe. Filze und Schaumstoffe sind keine textilen Rohstoffe.

  • Rohstoffgehaltsangabe ist:

eine Liste der Fasern und deren prozentualer Anteil am Nettogewicht des Textilerzeugnisses. Die Fasern müssen in der absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteiles genannt werden.

TIPP: Keine Angst: es muss nicht jedes Fäserchen deklariert werden! In Teil 2 dieses Tutorials werden die Ausnahmen von der Regel erläutert.

(§2)

In Tabelle 1 sind alle Erzeugnisse erfasst, welche nach dem TkzG nicht mit Rohstoffgehaltsangaben versehen werden müssen. Diese Auflistung, die aus dem Anhang 3 des TkzG stammt, lässt viele heute gängige Produkte außer Acht und nennt sie nicht namentlich. Die rechte Spalte enthält - wo nötig - Erläuterungen und Produktbeispiele, die für mein Verständnis in die jeweilige Kategorie fallen.

TIPP 1: Produkte, die in diese Kategorie fallen, auch nicht freiwillig mit Rohstoffangaben versehen! Sobald auch nur eine Faserart genannt wird, muss die ganze Angabe vollständig und korrekt gemacht werden.

TIPP 2: fällt eines Deiner Produkte unter die Beispiele in der rechten Spalte? Dann übernimm die korrespondierende Formulierung aus der linken Spalte in Deine Produktbeschreibung.


Tabelle 1



Erzeugnisse, die nicht mit einer Rohstoffgehaltsangabe versehen werden müssen.


Beispiele

Hemdsärmelhalter


?

Macht das irgendjemand?

?

Uhrenarmbänder aus Spinnstoffen



Gewebte, genähte, gestrickte oder gehäkelte Uhrenarmbänder.

Lederne Armbänder fallen nicht unter dieses Gesetz.

Etiketten und Abzeichen


Patches, Applikationen, Aufnäher

Kaffee- und Teewärmer

Genähte, gestrickte oder gehäkelte Tassen-, Kannen- und Pressenwärmer für Kaffee und Tee


Schutzärmel


Für uns wohl weniger relevant.

Muffe, nicht aus Plüsch


Genähte, gestrickte oder gehäkelte Muffs, falls sie nicht aus Samt, Nicki oder Webpelz sind.


Künstliche Blumen

Genähte, gestrickte, gehäkelte, geflochtene oder gefilzte Blumen zur Dekoration, zum Anstecken, als Schmuck.


Nadelkissen



Bemalte Leinwand


Ölbilder u.ä. Auf Leinwand, Sackleinen, Jutesäcken etc.


Textilerzeugnisse für Verstärkungen und Versteifungen


Nahtband, Bügeleinlagen, Saumband etc.

Filz


Filz als Ausgangsmaterial

Gebrauchte, konfektionierte Textilerzeugnisse, sofern sie ausdrücklich als solche bezeichnet sind.


  • Secondhand- und Vintageklamotten, die durch Abtrennen oder Hinzufügen verändert wurden.

  • Jacken, etc. aus alten Handtüchern, Kissen u. ä.

  • Röcke aus alten Krawatten


Gamaschen


Genähte, gestrickte, gehäkelte oder gefilzte Gamaschen und Beinstulpen.


Verpackungsmaterial, nicht neu und als solches verkauft.

Für uns wohl weniger relevant.



Hüte aus Filz


Gefilzte Mützen, Kappen, Stirnbänder und Hüte.

Täschner- und Sattlerwaren aus Spinnstoffen


Genähte, gestrickte, gehäkelte oder gefilzte Handytaschen, Etuis, Taschen, Beutel, Mappen, Clutches, Gelbeutel, Laptoptachen, u.ä.


Reiseartikel aus Spinnstoffen









Genähte, gestrickte, gehäkelte oder gefilzte Reisetaschen, Kulturbeutel, Medikamentenbeutel, Schmuckbeutel, Reiseuntensilo, Schlafbrillen, Reiseapotheke, Schuhbeutel u.ä.


Fertige oder noch fertigzustellende handgestickte Tapisserien und Material zu ihrer Herstellung, einschließlich Handstickgarn, das getrennt vom Grundmaterial zum Verkauf angeboten wird und speziell zur Verwendung für solche Tapisserien aufgemacht ist.


Tapisserie ist ein veralteter Ausdruck. Gemeint sind damit heutzutage Gobelins, Bunt- und Weissstickereien.

Reißverschlüsse



Mit Textilien überzogene Knöpfe und Schnallen


Das ist wichtig für alle, die Material verkaufen.

Buchhüllen aus Spinnstoff


Stoffbezogene Bücher

Spielzeug



Textile Teile von Schuhwaren, ausgenommen wärmendes Futter


Schnürsenkel

Deckchen aus mehreren Bestandteilen mit einer Oberfläche von weniger als 500 qcm.


Ehrlich: ich hab keinen Schimmer, was damit gemeint sein könnte. Hat jemand Vorschläge?

Topflappen und -handschuhe



Eierwärmer



Kosmetiktäschchen



Tabakbeutel aus Stoff



Futterale bzw. Etuis für Brillen, Zigaretten und Zigarren, Feuerzeuge und Kämme aus Stoff


Hüllen für Windlichter

Schutzartikel für den Sport, ausgenommen Handschuhe


Für uns wohl weniger relevant.

Toilettenbeutel



Schuhputzbeutel



Bestattungsartikel


Für uns wohl weniger relevant.

Einwegartikel, ausgenommen Watte


Für uns wohl weniger relevant.

Medizinische und orthopädische Binden u.ä.


Für uns wohl weniger relevant.

Seile, Taue und Bindfäden, die für die Herstellung oder zum Einbau in Maschinen, Anlagen und Geräten benötigt werden.


Für uns wohl weniger relevant.

Schutz- und Sicherheitstextilien wie z. B. Sicherheitsgurte, Fallschirme, Schwimmwesten, Notrutschen etc.


Gürtel aus Sicherheitsgurten

Ballonhallen


Für uns wohl weniger relevant.

Segel


Für uns wohl weniger relevant.

Textilerzeugnisse für Tiere

Stoffleinen, Mäntelchen, Capes, Stoffspielzeuge für Hunde etc.


Fahnen und Banner




(Anhang 3)


Allen, die nach dieser Liste „Hurra“ schreien, möchte ich jetzt schon fürs vorbei schauen danken.


Was ist eine globale Kennzeichnung?


Das TKzG nennt außer Textilerzeugnissen, die nicht gekennzeichnet werden müssen noch Erzeugnisse, für die eine globale Kennzeichnung vorgeschrieben ist. Diese Erzeugnisse müssen nicht mit einer Auszeichnung am Produkt direkt gekennzeichnet werden. Vorgeschrieben ist jedoch die Kennzeichnung der Produktabbildungen in Prospekten, anderen Werbemitteln und im Online – Shop!

TIPP: überprüfe am Ende des Tutorials als erstes die Produktkennzeichnungen in Deinem Shop. Sind sie korrekt? Nein? Sofort überarbeiten! Kümmere Dich dann erst im zweiten Schritt um die Etiketten an Deinen Produkten.


In Tabelle 2 sind alle Erzeugnisse erfasst, welche nach dem TkzG mit einer globalen Rohstoffgehalts-angaben versehen werden müssen. Diese Auflistung, die aus dem Anhang 4 des TkzG stammt, lässt ebenfalls viele heute gängige Produkte außer Acht und nennt sie nicht namentlich. Die rechte Spalte enthält - wo nötig - Erläuterungen und Produktbeispiele, die für mein Verständnis in die jeweilige Kategorie fallen.

TIPP: fällt eines Deiner Produkte unter die Beispiele in der rechten Spalte? Dann übernimm die korrespondierende Formulierung aus der linken Spalte in Deine Produktbeschreibung.



Tabelle 2



Erzeugnisse, für die lediglich eine globale Kennzeichnung vorgeschrieben ist.


Beispiele

Scheuer- und Putztücher

Für uns wohl weniger relevant.

Bordüren und Besatz, Bänder, gummielastische Bänder

Das ist wichtig für alle, die Material verkaufen.

Borten

Das ist wichtig für alle, die Material verkaufen.

Gürtel

Alle Arten von Gürteln, ob funktionell oder dekorativ.


Hosenträger


Strumpf- und Sockenhalter

Strumpfband, Garter, Strapse

Schnürsenkel

Handbemalte oder anders verzierte Schnürsenkel

Verpackungsmaterial, neu und als solches verkauft

Geschenksäckchen, Adventskalender, Furoshiki etc.

Schnüre für Verpackugen und landwirtschaftliche Verwendungzweck, sowie Schnüre Seile und Taue.


Deckchen

Genähte, gehäkelte, geklöppelte oder bestickte Tischdeckchen, Tischläufer, Tischsets, Servietten.


Taschentücher


Bestickte, oder umhäkelte bzw. anders verzierte Stofftaschentücher

Haarnetze


Für uns wohl weniger relevant.

Krawatten und Fliegen für Kinder



Lätzchen, Seiflappen und Waschhandschuhe



Näh-, Stopf- und Stickgarne in kleinen Verkaufseinheiten von höchstens 1 g.


gibt’s solche kleinen Verkaufsmengen?

Gurte für Vorhänge und Jalousien


Für uns wohl weniger relevant.


(Anhang 4)


In einer Woche, am 1.12.09 folgt Teil 2 dieses Tutorials:

So zeichnet man Textilerzeugnisse korrekt aus.“

5 Kommentare:

  1. Wow, wirklich super beschrieben und erklärt :)
    Und danke das du dir für alle anderen solch eine Mühe gibst :)

    Sag mal, wie sieht es denn mit Stoffutensilios aus? Und Kirschkernkissen (fallen bestimmt auch unter normale Kissen, oder?)

    lg Melly

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  2. Hallo Melly

    Für mich fallen Utensilos unter Täschnerwaren und müssen somit nicht ausgezeichnet werden. Kirschkernkissen allerdings sind klar Heimtextilien. Da braucht's Kennzeichnung im Shop und am Artikel.

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    1. Kirschkernkissen fallen NICHT unter Heimtextilien!!
      Die fallen unter Medizinprodukte und MÜSSEN mit CE-Kennzeichnung versehen werden, sonst darf man sie NICHT verkaufen!!!

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  3. Hallo!
    Erstmal danke für deine super Erklärungen :-) Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben da jemals durchzublicken...
    Trotzdem nochmal eine Frage: Wie siehts denn mit Mutterpass und U-Heft-Hüllen aus? Ich weiß nicht so wirklich wie ich das einordnen soll. Bei Bücherhüllen? Aber ist ja noch nichts drin wenn ich es verkaufe...
    Vielen Dank für deine Hilfe
    Liebe Grüße
    Andrea

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  4. tolle liste, immer noch aktuell und wichtig!!

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